An die Planer der Bebauung des Auwaldes (Spreehafenviertel)!

Der Wald, den Sie bebauen wollen, hat eine Geschichte. Er ist eine Gedenkstätte für die an dieser Stelle Ertrunkenen bei der Flut 1962. Das sollte er für immer bleiben.

Gedanken von Zeitzeugin Rita Wodniczak

Der Mensch ist schneller als die Natur. Die Natur benötigte über fünfzig Jahre, um den Wald wachsen zu lassen. Der Mensch setzt die Säge an, das war‘s dann.

Bebauungspläne werden von Menschen gemacht, die ihren eigenen Besitz sicher im unverbaubaren Grünen haben. Was zählt, ist Geld für eine goldene Nase. So bekommt man Anerkennung.

Zu wenig Wohnraum, diese Not gab es schon immer. Auch 1962, als am Spreehafen in der Nacht vom 16. auf den 17. Februar die Deiche brachen.

1962 gab es in Hamburg noch reichlich Schutt und Asche durch den verrückten Zweiten Weltkrieg. Viele Menschen lebten in Behelfsunterkünften. Zu dieser Zeit waren auch mein Ehemann und ich froh, in der Veringstraße Nr. 31 bei einer älteren Dame zwei Zimmer zur Untermiete bekommen zu haben. In der Gartenkolonie am Deich eine bewohnbare Laube zu besitzen, das zählte damals als Wunschdenken. Die gewaltige Kraft des Wassers vor dem Deich war kaum jemandem bewusst, mir als Neuwilhelmsburgerin schon gar nicht.

Noch heute höre ich den gewaltigen Donnerknall des Deichbruchs. Wie eine Explosion. Das Elbwasser rauschte durch die Veringstraße, riss alles mit sich.

Der in den Jahrzehnten danach gewachsene Auwald am Ernst-August-Kanal sollte eine ewige Gedenkstätte für die hier vor Ort ertrunkenen Menschen bleiben. Es war so grausam. Meine Gedanken wandern zu einer Familie: die kleine Tochter, ein Jahr alt. Der Sohn, zwei Jahre alt. Die Mutter, 35 Jahre alt. Die Großeltern, 64 und 71 Jahre alt. Alle ertrunken. Mein Gott. Es handelt sich um Menschen. Aber Gefühle zählen in dieser heutigen Zeit überhaupt nicht.

P.S.: Und noch etwas. „Sprung über die Elbe“!? – Ich hätte da ein Problem, mit meinen kurzen Beinen über die Riesencontainer und Luxusliner zu springen – da fällt es mir doch leichter, hierzubleiben und die Schadstofffe einzuatmen …

Im Ernst: Lassen Sie mir bitte etwas Grünes für die Lunge auf unserer Elbinsel!